Nyomtatás

An die Mitglieder und Freunde der

Deutsch-Ungarischen Gesellschaft in der Bundesrepublik Deutschland e.V.

Sehr geehrte Damen und Herren,

in der vergangenen Woche hat das Verhalten Ungarns auf dem EU-Gipfel die Schlagzeilen in Deutschland bestimmt.

Leider waren dabei wieder einmal sachliche Analysen in der Minderheit und Beschimpfungen in der Mehrheit. Deshalb in aller gebotenen Kürze einige Bemerkungen aus meiner Sicht:

1. Die EU-Kommission selbst hatte festgestellt, dass die Ukraine die festgelegten Bedingungen für Beitrittsgespräche noch nicht erfüllt. Darauf hinzuweisen, wie auch auf die völlig ungelösten Fragen eines möglichen EU-Beitritts, der den Finanzrahmen der EU komplett sprengen würde, ist nicht nur legitim, sondern sinnvoll. 

2. Natürlich ging es in der aktuellen Situation auch darum, der von Russland angegriffenen Ukraine politisch den Rücken zu stärken. Deshalb war es klug, dass Ungarn trotz aller Bedenken den Beginn von Beitrittsgesprächen nicht blockiert hat. Ohne Zustimmung der Ungarischen Nationalversammlung, wie auch der anderen nationalen Parlamente der EU-Mitgliedsstaaten, wird ein solcher Beitritt, wann auch immer, allerdings nicht erfolgen können.

3. Einstweilen blockiert hat Ungarn die Aufstockung des laufenden EU-Haushalts, u. a., um der Ukraine bis 2027 weitere 50 Milliarden Euro Finanzhilfen zu bewilligen. Die Sinnhaftigkeit von Viktor Orbáns Forderung, endlich ein politisches, europäisches Konzept zur Beendigung des Krieges zu entwickeln, statt einfach nur immer weitere Milliardenbeträge in den Konflikt zu pumpen, ist angesichts des aus westlicher Sicht ernüchternden Kriegsverlaufs und der drohenden Mittelkürzung aus den USA doch wohl kaum von der Hand zu weisen. 

4. Die Haltung Orbáns, einer Ausweitung des bis 2027 beschlossenen EU-Haushalts nur unter der Voraussetzung zuzustimmen, dass Ungarn die dem eigenen Land zustehenden Mittel erhält, trägt den nationalen Interessen Ungarns Rechnung. Interessanterweise wird das in Brüssel am lautesten von den Vertretern der politischen Linken beklagt, die den Ungarn durch Zurückbehaltung von EU-Mitteln ihre eigene ideologische Richtung aufzwingen wollen! 

5. Dass es vielen Ungarn-Kritikern in Wahrheit vor allem darum geht, das Modell einer stärker dezentralen, von nationaler Selbstbestimmung getragenen Europäischen Union zu diskreditieren, konnte man nicht zuletzt auch an unterschiedlichen Entgleisungen deutscher Politiker gegen Ungarn erkennen.

Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Hofreiter hat im ZDF unwidersprochen behauptet, Ungarn werde von einer "Ganovenbande" regiert. Mein Kommentar dazu auf der Plattform X (ehemals Twitter): "Die Grünen sinken auf ein Niveau, für das man sich als Deutscher nur noch fremdschämen kann!", wurde innerhalb kurzer Zeit 75.000 Mal aufgerufen und mehr als 6.000 Mal ausdrücklich unterstützt. Viele haben mir auch auf anderen Wegen geschrieben, ich solle unseren ungarischen Freunden bitte ausrichten, dass solche unsäglichen Pöbeleien wie von Hofreiter nicht die Meinung der Deutschen repräsentieren! 

Schauen wir also, trotz aller Widrigkeiten, weiterhin mit Optimismus auf das deutsch-ungarische Verhältnis, das für beide Länder und Europa insgesamt wichtiger denn je ist. Ungarns Botschafter in Berlin, Péter Györkös, hat zum 50. Jahrestag der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Ungarn und der Bundesrepublik Deutschland eine Rede gehalten, die unsere historischen Gemeinsamkeiten, aber auch aktuelle Herausforderungen wunderbar zum Ausdruck bringt. Sie finden den Text als Anlage.

Ihnen noch ein schöner Adventssonntag und dann ein guter Start in die Vorweihnachtswoche! Unsere besten Wünsche zu Weihnachten und zum Jahreswechsel kommen noch separat. Noch sind ja einige Tage Zeit.

Herzliche Grüße

Ihr

Gerhard Papke

Dr. Gerhard Papke

Landtagsvizepräsident NRW a.D.

Präsident der Deutsch-Ungarischen Gesellschaft

in der Bundesrepublik Deutschland e.V..

 

http://www.buod.de/images/BUOD_info/50_Jahre_DE.pdf